Sozialleistungen in Montenegro:

Ein Überblick über das System und seine Besonderheiten

Montenegro, ein kleines Land auf dem Balkan, ist bekannt für seine atemberaubende Natur, seine historischen Städte und seine familiäre Kultur. Doch ein Bereich, der oft weniger Beachtung findet, ist das System der Sozialleistungen. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, insbesondere Deutschland, ist das Sozialsystem in Montenegro weniger ausgeprägt. Dies hat jedoch auch seinen Grund, der in der kulturellen Struktur Montenegros und den besonderen wirtschaftlichen Bedingungen liegt.

Sozialleistungen in Montenegro

In Montenegro gibt es eine Reihe von Sozialleistungen, die vom Staat angeboten werden. Allerdings sind diese im internationalen Vergleich eher gering, was in gewisser Weise auch den Lebensstil und die kulturellen Werte des Landes widerspiegelt. Die wichtigsten Sozialleistungen, die es in Montenegro gibt, sind:

  1. Sozialhilfe (Socijalna Pomoć):
    Diese Leistung wird an bedürftige Personen ausgezahlt, die keine anderen Einkommensquellen haben. Die Höhe der Sozialhilfe variiert je nach Anzahl der Familienmitglieder und den individuellen Lebensumständen. Eine alleinstehende Person erhält etwa 70 Euro pro Monat, während eine Familie mit mehreren Kindern bis zu 150 Euro monatlich erhalten kann.
  2. Arbeitslosenunterstützung:
    Arbeitslosengeld wird Personen gewährt, die ihren Arbeitsplatz verloren haben. Die Höhe richtet sich nach dem letzten Einkommen und der Dauer der Beschäftigung. Durchschnittlich beträgt die Arbeitslosenunterstützung etwa 50 bis 120 Euro monatlich, je nach Qualifikation und vorherigem Gehalt.
  3. Kindergeld (Dječji Dodatak):
    Familien mit Kindern haben Anspruch auf eine kleine finanzielle Unterstützung, die ebenfalls von den familiären Umständen abhängt. Das Kindergeld liegt bei etwa 30 bis 40 Euro pro Kind und Monat.
  4. Pflegegeld (Naknada za njegu):
    Personen, die aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen pflegebedürftig sind, haben Anspruch auf Pflegegeld. Die Höhe dieser Leistung variiert, liegt aber im Durchschnitt bei etwa 100 Euro pro Monat.
  5. Mutterschaftsleistungen (Porodiljsko Odsustvo):
    Frauen, die schwanger sind oder gerade ein Kind geboren haben, haben Anspruch auf Mutterschaftsurlaub und -geld. Die Höhe dieser Leistung beträgt etwa 70 % des letzten Gehalts für eine Dauer von maximal 12 Monaten.
  6. Renten (Penzije):
    Das Rentensystem in Montenegro basiert auf einem umlagefinanzierten System. Die durchschnittliche Rente liegt bei etwa 300 Euro pro Monat, wobei viele ältere Menschen auf zusätzliche Unterstützung von ihren Familien angewiesen sind.
Sozialleistung Beschreibung Monatliche Höhe Bedingung
Sozialhilfe (Socijalna Pomoć) Finanzielle Unterstützung für bedürftige Personen 70 – 150 Euro (je nach Anzahl der Familienmitglieder) Keine anderen Einkommensquellen; Bedürftigkeit muss nachgewiesen werden
Arbeitslosenunterstützung Unterstützung für Arbeitslose, die ihren Job verloren haben 50 – 120 Euro Höhe hängt von letzter Beschäftigung und Qualifikation ab; muss in einem registrierten Arbeitsverhältnis gewesen sein
Kindergeld (Dječji Dodatak) Finanzielle Unterstützung für Familien mit Kindern 30 – 40 Euro pro Kind Für Familien mit geringem Einkommen oder in besonderen sozialen Verhältnissen
Pflegegeld (Naknada za njegu) Unterstützung für pflegebedürftige Personen Durchschnittlich 100 Euro Für Personen mit nachgewiesenem Pflegebedarf
Mutterschaftsleistungen (Porodiljsko Odsustvo) Finanzielle Unterstützung für Mütter nach der Geburt eines Kindes 70 % des letzten Gehalts, für bis zu 12 Monate Muss in einem Arbeitsverhältnis gestanden haben
Renten (Penzije) Altersrente für Rentner Durchschnittlich 300 Euro Höhe abhängig von den eingezahlten Beiträgen während der Berufstätigkeit

 

Geringe Sozialleistungen: Fluch oder Segen?

Im internationalen Vergleich, besonders im Vergleich zu Deutschland, fallen die Sozialleistungen in Montenegro sehr gering aus. In Deutschland gibt es ein breites Netzwerk von Sozialleistungen, die den Bürgern im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Alter eine deutlich höhere finanzielle Sicherheit bieten. Ein arbeitsloser Bürger in Deutschland kann mit monatlichen Unterstützungen von mehreren Hundert Euro rechnen, während in Montenegro die Unterstützung bei weitem nicht ausreicht, um den Lebensstandard zu sichern. Doch trotz dieser Unterschiede ist die Abhängigkeit von staatlichen Leistungen in Montenegro deutlich geringer.

Die Rolle der Familie: Unterstützung statt Abhängigkeit

Ein zentraler Grund für die geringe Abhängigkeit von staatlichen Sozialleistungen liegt in der Struktur der montenegrinischen Gesellschaft. In Montenegro spielen Familien eine extrem wichtige Rolle. In vielen Fällen leben mehrere Generationen unter einem Dach oder in unmittelbarer Nähe zueinander. Großfamilien sind in Montenegro die Norm, und innerhalb dieser Strukturen wird viel Wert auf gegenseitige Unterstützung gelegt.

Ein Beispiel: Ein älteres Familienmitglied, das aufgrund eines niedrigen Renteneinkommens nicht in der Lage ist, den Alltag allein zu bestreiten, wird in der Regel von den jüngeren Familienmitgliedern unterstützt. Es ist üblich, dass die Kinder oder Enkelkinder einen Teil ihres Einkommens abgeben, um die Älteren zu unterstützen. Dies ersetzt in vielen Fällen staatliche Unterstützung und macht diese in weiten Teilen der Gesellschaft weniger relevant.

Sparsamer Lebensstil und Wohneigentum

Ein weiterer wichtiger Faktor, der dazu beiträgt, dass die Menschen in Montenegro weniger auf staatliche Sozialleistungen angewiesen sind, ist der weit verbreitete Besitz von Wohneigentum. In Montenegro leben die meisten Menschen in ihren eigenen Häusern oder Wohnungen, die sie oft geerbt oder selbst gebaut haben. Viele Immobilien wurden über Generationen weitervererbt, was bedeutet, dass die Wohnkosten für einen Großteil der Bevölkerung sehr gering sind. Dieser Vorteil reduziert die monatlichen Lebenshaltungskosten erheblich.

Ein weiteres Merkmal des Lebensstils in Montenegro ist, dass viele Menschen sehr sparsam leben. Es ist üblich, dass Familien auf kleinen Grundstücken oder in Gärten ihr eigenes Obst und Gemüse anbauen. Diese Form der Selbstversorgung spielt eine große Rolle in der montenegrinischen Kultur, und in vielen Haushalten wird ein Großteil der Nahrung selbst angebaut. Oft haben auch Familienmitglieder oder Nachbarn, die Obst und Gemüse anbauen, ein Netzwerk der gegenseitigen Unterstützung, in dem Produkte untereinander geteilt werden. Dies führt dazu, dass weniger Lebensmittel eingekauft werden müssen, was die monatlichen Ausgaben weiter reduziert.

Tourismus: Saisonale Arbeit als zusätzliche Einnahmequelle

Ein weiterer Faktor, der zur geringen Abhängigkeit von Sozialleistungen beiträgt, ist die wirtschaftliche Struktur des Landes. Montenegro ist stark vom Tourismus abhängig, und in den Sommermonaten, wenn die Zahl der Touristen stark ansteigt, bieten sich vielen Menschen zusätzliche Einkommensmöglichkeiten. Gerade in Küstenstädten wie Kotor oder Budva arbeiten viele Montenegriner saisonal in der Gastronomie, im Hotelgewerbe oder im Handel.

Diese saisonale Arbeit bietet vielen Menschen die Möglichkeit, sich über die touristische Hochsaison ein beträchtliches zusätzliches Einkommen zu sichern. Auch wenn die Sozialleistungen in Montenegro gering sind, ist die Bereitschaft zur Arbeit während der Saison weit verbreitet. Viele Menschen bevorzugen es, sich durch Arbeit über Wasser zu halten, anstatt Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen.

Stolz und Ehre: Der Einfluss der Kultur

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der die Inanspruchnahme von Sozialleistungen in Montenegro beeinflusst, ist der kulturelle Stolz. In Montenegro wird viel Wert auf Ehre und Stolz gelegt, besonders innerhalb der Familienstrukturen. Es gilt als ehrenhaft, sich selbst versorgen zu können und nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen zu sein. Dies führt dazu, dass viele Menschen Sozialleistungen nur dann in Anspruch nehmen, wenn es absolut notwendig ist. Der Stolz, eigenständig zu sein und sich selbst und die Familie durchzubringen, ist tief in der montenegrinischen Kultur verankert.

Ein Beispiel hierfür ist ein junger Mann aus einer ländlichen Region, der während der Touristensaison als Kellner arbeitet. Auch wenn er Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung hätte, verzichtet er darauf, da er es als eine Frage des Stolzes ansieht, selbst für sein Einkommen zu sorgen. Dieser Stolz auf die eigene Arbeit und die Unabhängigkeit spielt in Montenegro eine große Rolle.

Der Vergleich mit Deutschland: Ein riesiger Unterschied

Im Vergleich zu Deutschland sind die Sozialleistungen in Montenegro sehr viel geringer. In Deutschland gibt es ein gut ausgebautes Sozialsystem mit Arbeitslosengeld, Hartz IV, Wohngeld, Kindergeld und weiteren Unterstützungsleistungen, die in der Summe dazu führen, dass niemand ohne finanzielle Absicherung dasteht. In Montenegro hingegen reicht die staatliche Unterstützung oft nicht aus, um den Lebensunterhalt vollständig zu sichern. Die Menschen sind daher stärker auf eigene Einnahmequellen oder die Unterstützung durch ihre Familien angewiesen.

Die geringeren Sozialleistungen in Montenegro führen dazu, dass die Bürger weniger stark vom Staat abhängig sind. Dies ist einerseits ein Ausdruck der wirtschaftlichen Lage des Landes, andererseits aber auch eine Konsequenz der kulturellen und familiären Werte, die in Montenegro eine große Rolle spielen.

Fazit

Die Sozialleistungen in Montenegro sind im internationalen Vergleich gering, doch dies hat auch positive Seiten. Der weit verbreitete Besitz von Wohneigentum, der sparsame Lebensstil, die starke familiäre Unterstützung, der Stolz auf die eigene Unabhängigkeit und die Möglichkeit, saisonale Arbeit im Tourismus zu finden, führen dazu, dass viele Menschen weniger stark auf staatliche Leistungen angewiesen sind. In einem Land, in dem Familienstrukturen und kulturelle Werte eine zentrale Rolle spielen, wird der soziale Zusammenhalt oft von den Menschen selbst organisiert, anstatt sich auf den Staat zu verlassen. Dennoch bleibt die Frage offen, ob in Zukunft eine stärkere staatliche Unterstützung notwendig sein wird, um den Bedürfnissen einer sich verändernden Gesellschaft gerecht zu werden.