Montenegro und das www (world wide web)
– Ein Überblick
Das Internet hat in den letzten Jahrzehnten weltweit alle Lebensbereiche grundlegend verändert. Ob es um Kommunikation, Einkauf, Marketing oder Kundenservice geht – das Web ist mittlerweile für viele Unternehmen ein unverzichtbares Werkzeug. Doch wie sieht es in einem Land wie Montenegro aus, das sich seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 2006 in vielen Bereichen, darunter auch in der digitalen Infrastruktur, stetig weiterentwickelt? In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die Nutzung des World Wide Web (WWW) in Montenegro und die damit verbundenen Besonderheiten.
Unternehmenswebseiten: Ein seltenes Gut
Im Vergleich zu vielen westlichen Ländern, wo eine eigene Firmenwebseite als Selbstverständlichkeit gilt, ist dies in Montenegro nicht der Fall. Es ist nicht ungewöhnlich, dass viele Unternehmen, insbesondere kleinere und mittelständische, keine eigene Webseite besitzen. Dieser Umstand ist ein Spiegelbild der digitalen Kultur und des gegenwärtigen Stands der technologischen Entwicklung im Land.
Wenn Webseiten existieren, sind sie oft schlecht strukturiert und bieten wenig Benutzerfreundlichkeit. Navigation und Suchfunktionen sind häufig unzureichend, was die Nutzung erschwert. Diese Webseiten dienen oft mehr der Präsenz als einem funktionalen Zweck. Unternehmen, die auf Online-Marketing oder E-Commerce setzen, stehen in Montenegro also vor ganz anderen Herausforderungen als in Ländern mit fortgeschrittenerer Internetinfrastruktur.
Herausforderungen in Online-Shops
Ein weiteres auffälliges Phänomen ist die Unvollständigkeit von Online-Shops. Viele Unternehmen, die über eine Webseite verfügen, bieten zwar theoretisch die Möglichkeit, online einzukaufen, doch ist das angebotene Sortiment oft unvollständig. Man hat als Kunde meist nicht Zugriff auf das vollständige Angebot, sondern nur auf eine Auswahl von Produkten. Das macht den Online-Einkauf für viele Nutzer wenig attraktiv und führt dazu, dass dieser Vertriebsweg nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Zudem ist die Abwicklung von Online-Käufen in Montenegro in der Regel anders organisiert als in vielen westlichen Ländern. So gibt es in der Regel nur zwei Lieferoptionen: Entweder lässt man die Ware in eine nahegelegene Filiale liefern, oder man entscheidet sich für eine Zustellung per Kurierdienst. Überraschenderweise sind die Kurierdienste in Montenegro sehr günstig. Das erklärt, warum viele Montenegriner diese Option gerne nutzen. Die Bezahlung erfolgt dann oft in bar, direkt beim Kurier – eine Zahlungsweise, die in vielen anderen Ländern bereits weitgehend durch elektronische Zahlungsmethoden ersetzt wurde.
Die Rolle von sozialen Medien im Marketing
Da viele Unternehmen keine eigene Webseite betreiben oder diese nur eine untergeordnete Rolle spielen, hat sich in Montenegro eine alternative Art des Marketings etabliert: Soziale Medien, insbesondere Instagram und Facebook, sind die Hauptkanäle, über die Unternehmen ihre Kunden erreichen. In vielen Branchen, besonders im Einzelhandel, ist dies die bevorzugte Methode, um Produkte zu präsentieren, mit Kunden zu kommunizieren und sie über Neuheiten zu informieren.
Besonders Instagram wird von Unternehmen genutzt, um visuell ansprechende Inhalte zu teilen, die potenzielle Kunden anziehen. Die Plattform bietet eine einfache Möglichkeit, direkt mit Kunden in Kontakt zu treten und Anfragen oder Bestellungen über private Nachrichten abzuwickeln. Dasselbe gilt für Facebook, das in Montenegro eine ähnlich starke Stellung einnimmt und vor allem von älteren Zielgruppen genutzt wird.
Diese direkte und oft informelle Kommunikation über soziale Medien bietet Unternehmen in Montenegro einen pragmatischen und kostengünstigen Ansatz, ihre Produkte zu vermarkten. Im Gegensatz zu professionell betriebenen Webseiten sind die sozialen Medien schnell und einfach zu aktualisieren, und die Interaktionen mit Kunden erfolgen in Echtzeit.
E-Mail-Kontakt: Eine vernachlässigte Methode
Während in vielen Ländern E-Mail der bevorzugte Kommunikationsweg zwischen Unternehmen und Kunden oder Geschäftspartnern ist, ist dies in Montenegro nicht der Fall. Es ist nicht unüblich, dass man auf E-Mail-Anfragen entweder gar keine Antwort erhält oder die Antwort sehr lange auf sich warten lässt. Dies liegt oft daran, dass E-Mail in Montenegro nicht als primäres Kommunikationsmittel genutzt wird.
Hinzu kommt, dass die E-Mail-Adressen vieler Unternehmen oft nicht den professionellen Standards entsprechen. Statt einer eigens für das Unternehmen eingerichteten E-Mail-Domain greifen viele Firmen auf kostenlose E-Mail-Anbieter wie Gmail zurück. E-Mail-Adressen wie „firmenname@gmail.com“ sind keine Seltenheit und spiegeln eine eher informelle Herangehensweise an den geschäftlichen Schriftverkehr wider.
Diese Praxis kann für ausländische Geschäftspartner oder Kunden, die eine professionelle Kommunikation erwarten, irritierend sein. Doch in Montenegro scheint diese Herangehensweise akzeptiert zu sein, da die eigentliche Kommunikation ohnehin größtenteils über andere Kanäle erfolgt.
Google-Einträge und Google Maps: Eine weitere Hürde
Ein weiteres Element, das die digitale Landschaft in Montenegro prägt, ist der unzureichende Gebrauch von Google-Diensten durch viele Unternehmen. In den meisten modernen Märkten ist es üblich, dass Unternehmen ihre Präsenz auf Google aktiv pflegen, sei es durch einen Google My Business-Eintrag oder durch genaue Standortinformationen auf Google Maps. Dies ist in Montenegro jedoch oft nicht der Fall. Viele Unternehmen, insbesondere kleinere und lokal agierende, haben keinen Eintrag auf Google. Dies führt dazu, dass sie bei der Suche über Google schlicht nicht auffindbar sind, was potenzielle Kunden, die auf diese Weise nach Produkten oder Dienstleistungen suchen, abschrecken kann.
Wenn ein Geschäft keinen Google-Eintrag hat, fällt es in der heutigen Zeit oft „unsichtbar“ für viele Menschen, die gewohnt sind, alle benötigten Informationen über die Google-Suche zu finden. Eine fehlende digitale Präsenz kann somit die Reichweite eines Unternehmens erheblich einschränken. Besonders für Touristen und andere ausländische Besucher, die sich auf digitale Werkzeuge wie Google verlassen, stellt dies eine große Herausforderung dar, da sie sich schwerer zurechtfinden oder lokale Unternehmen und Geschäfte nicht auf Anhieb finden können.
Google Maps: Unpräzise und irreführend
Darüber hinaus ist auch die Nutzung von Google Maps in Montenegro oft mit Schwierigkeiten verbunden. Während in vielen Ländern Google Maps als zuverlässiges Navigationssystem gilt, zeigt sich in Montenegro ein anderes Bild. Viele Straßen sind in Google Maps entweder nicht korrekt verzeichnet oder fehlen ganz. Dies führt dazu, dass Menschen, die sich auf Google Maps verlassen, häufig über Umwege zu ihrem Ziel geführt werden. Besonders in ländlicheren Regionen oder kleineren Städten wird diese Problematik deutlich, da hier die digitale Kartierung oft lückenhaft ist.
Ein gängiges Beispiel ist, dass die Route auf Google Maps eine zusätzliche Schleife oder Umleitung beinhaltet, da die direkte Straße schlicht nicht existiert oder als nicht befahrbar eingestuft wird – selbst wenn sie es in der Realität ist. Dies kann nicht nur für Ortsunkundige, sondern auch für Einheimische frustrierend sein, die sich auf die Genauigkeit der Karten verlassen wollen. Zudem kommt es immer wieder vor, dass das Ziel auf Google Maps zwar gefunden wird, der markierte Standort aber nur ungefähr mit der realen Position des Geschäftes übereinstimmt, was das Auffinden erheblich erschwert.
Diese Herausforderungen unterstreichen, dass auch in Bezug auf digitale Kartendienste wie Google Maps noch Verbesserungspotenzial besteht. Unternehmen, die sich durch genaue Einträge und Kartendaten von der Konkurrenz abheben, können so einen entscheidenden Vorteil erlangen, indem sie ihren Kunden eine verlässliche Orientierung bieten.
Die digitale Zukunft Montenegros
Obwohl Montenegro im Vergleich zu vielen westlichen Ländern noch Aufholbedarf in der digitalen Infrastruktur hat, sind positive Entwicklungen zu erkennen. Das Wachstum des Internets und der technologischen Möglichkeiten geht auch hier voran, wenn auch langsamer. Die zunehmende Nutzung von Smartphones und mobilem Internet führt dazu, dass auch kleine und mittlere Unternehmen nach und nach die Bedeutung einer funktionierenden Online-Präsenz erkennen.
Doch der Wandel wird Zeit brauchen. Die kulturellen und strukturellen Gegebenheiten Montenegros machen es Unternehmen nicht leicht, in kurzer Zeit auf den digitalen Zug aufzuspringen. Ein Grund dafür ist auch, dass viele Geschäfte nach wie vor auf persönlichen Kontakt und Mundpropaganda setzen, die in Montenegro einen hohen Stellenwert hat. Der direkte Kontakt mit den Kunden in der Filiale oder per Telefon wird immer noch als effizienter angesehen als die Abwicklung über E-Mail oder Webseite.
Fazit
Das World Wide Web in Montenegro steht vor einzigartigen Herausforderungen und bietet gleichzeitig Chancen für Unternehmen, die bereit sind, sich an die digitale Welt anzupassen. Obwohl viele Firmen noch keine eigene Webseite besitzen und der E-Commerce-Bereich unterentwickelt ist, zeigen sich alternative Wege im Online-Marketing durch soziale Medien wie Instagram und Facebook.
Die kulturellen Besonderheiten, wie der bevorzugte persönliche Kontakt und die Bezahlung per Kurier, zeigen, dass Montenegro noch immer stark auf traditionelle Methoden setzt. Doch auch hier wird die Digitalisierung, wenn auch langsam, voranschreiten. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich die Nutzung des Internets in den kommenden Jahren entwickeln wird und wie Unternehmen die wachsenden Möglichkeiten nutzen, um ihre Reichweite und Effizienz zu steigern.
Die Herausforderung für Montenegro wird es sein, diese neuen Entwicklungen mit den bestehenden kulturellen und wirtschaftlichen Strukturen zu vereinen und dabei das Beste aus beiden Welten zu nutzen.
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