Wegzugssteuer in Deutschland –
Was man wissen muss, wenn man auswandert

In einer immer globaleren Welt wird das Thema Auswandern für viele Deutsche zunehmend relevant. Ob für eine neue berufliche Herausforderung, eine bessere Lebensqualität oder aus persönlichen Gründen – der Schritt ins Ausland ist für viele attraktiv. Doch bevor man die Koffer packt und Deutschland verlässt, sollte man sich über die steuerlichen Folgen im Klaren sein, insbesondere über die sogenannte Wegzugssteuer. Dieser Blogbeitrag beleuchtet, was es mit der Wegzugssteuer auf sich hat und was man beachten muss, wenn man Deutschland den Rücken kehrt.

Was ist die Wegzugssteuer?

Die Wegzugssteuer betrifft hauptsächlich Personen, die Deutschland verlassen und dabei wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften besitzen. Ursprünglich wurde sie eingeführt, um sicherzustellen, dass der deutsche Fiskus weiterhin auf Gewinne zugreifen kann, die in Deutschland entstanden sind, selbst wenn die Person ins Ausland zieht.

Konkret greift die Wegzugssteuer dann, wenn man mindestens 1 % an einer Kapitalgesellschaft (z.B. einer GmbH oder AG) besitzt und seinen steuerlichen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus Deutschland in ein anderes Land verlegt. Der Staat unterstellt in diesem Fall, dass der Steuerpflichtige seine Anteile „fiktiv veräußert“, und besteuert den Wertzuwachs dieser Anteile, als hätte er sie tatsächlich verkauft.

Wer ist betroffen?

Betroffen sind in erster Linie natürliche Personen, die:

  1. Mindestens 1 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft halten.
  2. Ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegen, wodurch sie in Deutschland nicht mehr steuerpflichtig sind.
  3. Über mindestens 7 Jahre innerhalb der letzten 12 Jahre ununterbrochen in Deutschland ansässig waren.

Wichtig zu beachten ist, dass die Wegzugssteuer nicht nur auf unmittelbare Beteiligungen, sondern auch auf mittelbare Beteiligungen greifen kann, beispielsweise, wenn Anteile über eine Holdingstruktur gehalten werden.

Wie wird die Wegzugssteuer berechnet?

Die Wegzugssteuer bemisst sich am Unterschied zwischen dem ursprünglichen Erwerbspreis der Anteile und dem Verkehrswert zum Zeitpunkt des Wegzugs. Der Verkehrswert wird durch ein Gutachten oder anhand des Börsenkurses der Gesellschaft bestimmt. Dies führt in der Regel zu einer Steuer auf einen Gewinn, der bisher nur „auf dem Papier“ entstanden ist.

Ein Beispiel:

  • Eine Person erwarb 2010 eine Beteiligung von 10 % an einer GmbH für 50.000 Euro.
  • Zum Zeitpunkt des Wegzugs im Jahr 2024 beträgt der Wert dieser Beteiligung 250.000 Euro.
  • Der fiktive Gewinn beträgt somit 200.000 Euro, auf den die Wegzugssteuer erhoben wird.

Die steuerliche Belastung hängt von der individuellen Einkommenssteuerklasse ab, was bedeutet, dass die Steuerlast zwischen 14 % und 45 % liegen kann.

Stundung der Wegzugssteuer

In bestimmten Fällen kann die Wegzugssteuer gestundet werden, was bedeutet, dass man die Steuer nicht sofort zahlen muss. Dies gilt insbesondere, wenn der Wegzug in ein Land innerhalb der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) erfolgt. Die Steuer wird dann bis zu dem Zeitpunkt aufgeschoben, an dem die Anteile tatsächlich veräußert werden.

Voraussetzung für die Stundung ist allerdings, dass der Steuerpflichtige weiterhin detaillierte Auskunft über seine Beteiligung gibt und Deutschland regelmäßig über deren Status informiert. Bei einem Wegzug in ein Drittland außerhalb der EU und des EWR ist eine Stundung nur unter besonderen Voraussetzungen möglich.

Was sollte man beachten, bevor man auswandert?

  1. Prüfung der Beteiligungen:
    Wer plant auszuwandern, sollte zunächst seine Beteiligungen an Kapitalgesellschaften überprüfen. Wenn die Grenze von 1 % überschritten wird, sollte man sich frühzeitig über die steuerlichen Folgen informieren.
  2. Wert der Anteile ermitteln:
    Es ist ratsam, bereits vor dem Wegzug den aktuellen Wert der Anteile zu kennen, um abschätzen zu können, wie hoch die Steuerlast im Falle des Wegzugs wäre.
  3. Steuerberatung in Anspruch nehmen:
    Da die Wegzugssteuer komplex ist und viele Faktoren eine Rolle spielen, ist es unerlässlich, sich von einem erfahrenen Steuerberater beraten zu lassen. Dieser kann nicht nur die Steuerlast kalkulieren, sondern auch mögliche Strategien zur Minimierung der Steuerbelastung aufzeigen.
  4. Veränderungen der Gesetzeslage im Blick behalten:
    Die Wegzugsbesteuerung unterliegt immer wieder Änderungen und Anpassungen. Es lohnt sich, regelmäßig die Rechtslage zu prüfen, vor allem wenn der geplante Wegzug erst in einigen Jahren ansteht.
  5. Planung des Wegzugs:
    Ein Umzug ins Ausland sollte nicht übereilt geschehen. Es ist wichtig, genügend Zeit einzuplanen, um alle steuerlichen und rechtlichen Aspekte zu klären. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, vor dem Wegzug Anteile zu verkaufen oder umzustrukturieren.

Fazit

Die Wegzugssteuer ist ein wichtiges Thema für alle, die aus Deutschland auswandern wollen, insbesondere für diejenigen mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Sie stellt sicher, dass der deutsche Staat auch nach dem Wegzug auf Wertzuwächse von Vermögenswerten zugreifen kann. Eine rechtzeitige Planung und Beratung sind unerlässlich, um böse Überraschungen zu vermeiden und mögliche Steuervorteile zu nutzen. Wenn man sich frühzeitig informiert und die richtigen Schritte geht, kann der Wegzug ins Ausland finanziell und steuerlich gut vorbereitet sein.